Umbau der Stadt Zürich durch qualitative Verdichtung

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In verschiedenen Kritiken der BZO-Vorlage 2014 wird eine Vision für Zürich vermisst. Da aber die Stadt Zürich gebaut ist, müssen die längerfristigen Entwicklungsziele in Zürich vor allem bezüglich Wohn-, Büro- und Gewerberaum durch den Umbau der bestehenden Stadt mittels qualitativer Verdichtung realisiert werden. Dieser Umbau muss gemäss Stadtrat aufgrund von Sondernutzungsplanungen mit Grundeigentümerinnen und -eigentümern sowie mit den Quartieren in Partnerschaftlich durchgeführten Verfahren umgesetzt werden. Die Grundlage dafür liefert der kommunale Siedlungsrichtplan, wo die möglichen Gebiete für Aufzonungen bzw. Verdichtungen festgelegt werden. Bei Verdichtungen ist zu beachten, dass urbane Lebensqualität neben baulicher Dichte und Vielfalt auch soziale und funktionale Dichte und Vielfalt voraussetzt.

Das obige Verfahren für den Umbau der Stadt ist der richtige Weg. Namhafte Aufzonungen können nicht in der Grundordnung der BZO festgelegt werden, da ein solches Vorgehen in einer gebauten Stadt zum vorneherein politisch Schiffbruch erleiden würde. Zudem sollten bei Aufzonungen ein Teil des Mehrwertes über eine Mehrwertabgabe abgeschöpft werden, um dadurch Aufzonungen bzw. Verdichtungen mehrheitsfähig zu machen. Eine Mehrwertabgabe soll auch mithelfen Infrastrukturprojekte und Aufwertungen des öffentlichen Raumes als Folge von Verdichtungen zu finanzieren. Mit einer massvollen Mehrwertabgabe bei Aufzonungen soll aber verhindert werden, dass der Anreiz bei Grundeigentümern für Verdichtungen dahin fällt. Im Interesse der Verhinderung der Gentrifizierung (soziale Umstrukturierung) ist gemeinnütziger und kostengünstiger Wohnungsbau bei Verdichtungen zu fördern. Gentrifizierung bedeutet immer auch urbane und gesellschaftliche Verödung.

Der Umbau der Stadt Zürich im Sinne der Entwicklungsziele verlangt wie erwähnt ein partnerschaftliches Vorgehen. Die vielerorts vermisste Vision für Zürich muss mit gezielten Aufzonungen auf der Grundlage des kommunalen Siedlungrichtplans ermöglicht, mit Testplanungen überprüft, mit Sondernutzungsplanungen und nach Möglichkeit mit Architekturwettbewerben umgesetzt werden. Dabei können dann die Bevölkerung, Bauherren und Investoren ihre Ideen einbringen und im partnerschaftlichen Vorgehen in Zusammenarbeit mit der Stadt realisieren. Es ist zu hoffen, dass dann angesichts der baulichen Realität solcher Visionen die Bevölkerung und die lautstark nach Visionen rufenden Politikerinnen, Politiker, Parteien und Medien nicht den Mut vor deren baulichen Realisierung verlieren. Beim partnerschaftlichen Vorgehen muss aber verhindert werden, dass Projekte ins Banale abgleiten, was in der Verantwortung der Architekten liegt.

Der Umbau der Stadt gemäss den Entwicklungszielen ist ohne namhafte städtebauliche Eingriffe und Veränderungen nicht zu haben. Solche Eingriffe müssen in bestehenden Quartieren mit städtebaulicher Sensibilität vorgenommen werden, wobei die Gestaltung des öffentlichen Raumes besondere Aufmerksamkeit verlangt. Die Realisierung der Entwicklungsziele erfordert zuerst städtebauliche Vordenker-, Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit sowie einen Dialog mit der Bevölkerung über den Umbau der Stadt. Dabei sollten massgebende städtebauliche, stadträumliche, urbanistische, stadtsoziologische und stadtatmosphärische Fragen geklärt werden, wie mit einem solchen Umbau umzugehen ist, was in Zürich Nord und Zürich West zu wenig intensiv geschah. Ein solcher Umbau erfordert zudem eine entsprechende Vergrösserung der Kapazitäten vor allem für den öffentlichen aber auch für den privaten Verkehr.

Der obige Umbau der Stadt Zürich ist eine grosse Herausforderung für die heutigen und kommenden Generationen. Dieser Umbau verlangt Fachleute mit fachlichem Wissen und handwerklichem Können, weitsichtige Behörden, Bauherren und Investoren sowie eine umsichtige Bau- und Planungskultur, damit Lebensqualität und städtebauliche Veränderungen sich gegenseitig nicht ausschliessen sondern stimulieren. Insbesondere sollten die Ressourcen der Stadt im Interesse der kommenden Generationen nachhaltig eingesetzt werden. In den nächsten 15 bis 30 Jahren wird sich entscheiden, ob der Umbau von Zürich im obigen Sinne gelingt, wozu auch der kommunale Siedlungsrichtplan und die BZO 14 sowie die Anwendung von Test- und Sondernutzungsplanungen im Rahmen von partnerschaftlichen bzw. kooperativen Verfahren beitragen sollten.
Zitat von Le Corbusier: „Architektur und Städtebau sind vom Geist einer Epoche abhängig, und der Geist einer Epoche ist geprägt von der Tiefe der Geschichte, dem Erfassen der Gegenwart und der Beurteilung der Zukunft.“

Zürich, 25. 6. 2015, Werner Streich, dipl. Bauingenieur ETH/SIA
Literatur: Brigit Wehrli-Schindler, Urbane Qualität für Stadt und Umland, Scheidegger u. Spiess, 2015

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Ein Kommentar

  1. Das grösste Problem hierbei ist wohl die kantonale Gesetzgebung, die eine vernünftige Stadtplanung verhindert. Die Broschüre des Kantons http://www.are.zh.ch/content/dam/baudirektion/are/are/aktuelles/Projekte/Ausstellung_Dichte_begreifen_Tafeln.pdf macht dies klar. Echt städtische Strukturen wie z.B. Hofrandbebauungen, dichte Bebauungen wie um den Bahnhof Wiedikon u.s.w. fehlen darin völlig. Für die Stadt Zürich muss in der Ebene durchgehend eine Bebauungsdichte wie in der Altstadt festgelegt werden, dann können auch durch Hochhäuser effektive höhere Ausnützungen als heute erreicht werden.

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