Siedlungskerne und Seeufer mit Leben, statt mit Verkehr füllen

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Kurzreferat von Urs Esposito am 1. November 2014, an den V-RU Gesprächen in Stäfa

Der Begriff: „Verdichtung“ scheint momentan zum Begriff: „Nachhaltigkeit“ als meist gebrauchtes
Modewort aufzuschliessen.
Beiden Worten gemeinsam ist jedoch die Tatsache, dass man sich erst Gedanken zur Verkehrs-
Infrastruktur machen sollte, bevor man Verdichtung oder Nachhaltigkeit in den Mund nimmt.
Natürlich ist die Verdichtung unserer Siedlungskerne das einzige Instrument um der bisher ungebremstem
Zersiedelung der Landschaft entgegen zu wirken.
Doch Verdichtung kann zu Problemen führen, wenn diese auf Verkehrs-Infrastrukturen basiert,
welche heute schon, an ihre Kapazitätsgrenzen stossen.
Analog dem Wachstum eine Baumes limitieren Versorgungs- oder Verkehrskapazitäten auch das
Wachstum unserer Siedlungsbiete.
Wie man am letzten Samstag in der NZZ lesen konnte, hat auch Bundesrätin Leuthard bemerkt,
dass die Staus zu einem wirtschaftlichen Problem werden- und Massnahmen angekündigt.
Wachstum, resp. Verdichtung schafft Arbeit und generiert Einkommen.
Bauliche Verdichtung bedeutet aber auch Mehrverkehr und soziale Verdichtung.
Die meisten Menschen wollen zwar Wohlstand und wirtschaftliches Wachstum doch 70% von
Ihnen sind für die Beschränkung der Zuwanderung und finden Verdichtung vor allem dann gut,
wenn sie an anderen Orten stattfindet (Fotos oben, Pendlerverkehr in Küsnacht).
Doch wie viel Wachstum ist sinnvoll- und ab wann kehren sich die positiven Aspekte des Wachstums
ins Negative? Wie viele Wachstumsschmerzen wie Fluglärm, Staus und überfüllte S-Bahnen
wollen wir am rechten Zürichseeufer auf uns nehmen?
Verkehrslärm und tägliche Staus mindern die Lebensqualität.
Bei der Bestimmung des Lebensqualität-Index schneiden Gemeinden, welche eine Kombination
von guter Verbindung zu einer grossen Stadt, hohe Landschaftsqualität und geringe Zersiedelung
aufweisen am besten ab.
Gemeinden mit schlechten Verkehrsverbindungen schneiden unterdurchschnittlich ab.
Das Herabstufen im Standort-Ranking von vielen Seegemeinden zeigt, dass hier Handlungsbedarf
besteht.
Unsere Arbeitsgruppe V-RU, Visionen für das rechte Ufer, nimmt sich diesen Themen an und formuliert
in Form der unaufgeforderten Partizipation Konzepte.
Leider ist vom Kanton kaum Hilfe zu erwarten, denn seine Kräfte sind auf die Problemzonen der
Zürcher Nord- und Westumfahrung fokussiert wo mit defensiven Massnahmen versucht wird, die
heutigen Verkehrsprobleme zu entschärfen.
Unsere Gruppe propagiert die Unterfahrung des dichten Siedlungsgebietes als offensives Szenario
um die Lebensqualität wieder zu verbessern und eine massvolle Verdichtung zu ermöglichen.
Die Gruppe V-RU versucht Politiker zu motivieren, Baukultur wieder als gesamtheitliches und
ressortübergreifendes Anliegen zu verstehen. Nur dadurch können soziale, ökonomische, ökologische
und kulturelle Rahmenbedingungen für eine lebenswerte Umwelt auch für künftige
Generationen gesichert werden.
Weil heute – in Tiefenbrunnen, Zollikon, Küsnacht und Erlenbach die SBB-Areale- noch nicht
überbaut sind, besteht die Möglichkeit, mit relativ geringen Baukosten die Geleise im Offen-
Tagbau ab zu tiefen und die Zentren der Gemeinden zu verdichten. Da diese Gemeinden relativ
nahe bei einander liegen rechnet es sich ein S-Bahn Tunnel vom Stadelhofen bis Erlenbach zu
bauen mit Reiterbahnhöfen in den Ortskernen.
Vorherige Seite: Bildpaar vom Bahnhof Tiefenbrunnen.
und hier ein Bildpaar von Zollikon
Und hier vom Bahnhof Küsnacht.
Unser Vorschlag, die S-Bahn tiefer zu legen, haben wir im Okt. 2012 anlässlich des städtebaulichen
Architekturwettbewerbes für die Zentrumsplanung von Küsnacht konkretisiert.
Da heute die Mehrheit der Bevölkerung nach Zürich zur Arbeit pendelt, besteht die Gefahr, dass
die Dörfer der Goldküste zu Schlafgemeinden werden.
Wenn dank dem Wegfall des Bahntrasses zusätzliche Büro- und Gewerbeflächen geschaffen wird,
kann diese ungesunde Entwicklung gebremst werden (Die Seestrasse tiefer zu legen bringt
wenig, da über diese ja auch alle Grundstücke erschlossen werden).
Mit der Tieferlegung der Bahngeleise kann hochwertige Wohn- und Gewerbefläche dort projektiert
werden, wo sie gebraucht wird, nämlich im Inneren der gut erschlossenen Dorfkerne und
nicht in der immer stärker ausufernden Peripherie. Wir wollen dort verdichten, wo die Infrastrukturen
liegen und dort die Landschaft schützen, wo sie noch existiert.
Durch den Wegfall der Gleisanlagen im Beispiel von Küsnacht, würden 25‘000 m2 best erschlossenes
Bauland geschaffen. Dank der hohen Bodenpreise, rechnet sich die Unterfahrung.
(Annahme: Fr. 4‘000.-/m2 Bauland mit hoher Ausnutzungsziffer, Kosten Tunnel von 100 Mio. Fr.)
Küsnacht erhielte hochwertige Wohn- und Gewerbeflächen innerhalb des bestehenden Dorfkernes.
Ein gut durchmischtes Zentrum mit kurzen Wegen, welches die Attraktivität der Gemeinde
steigert.
Ein funktionierendes Zentrum lebt von der Anbindung an den öffentlichen Verkehr, von einer
hohen baulichen Dichte und von einer Vielzahl von Einkaufsmöglichkeiten. Was wir für Küsnacht
vertieft untersucht haben, funktioniert aber auch in den Nachbargemeinden.
Da der Siedlungsdruck auf die näher der Stadt gelegenen Gemeinden grösser ist, könnte mit
dem Bauabschnitt von Stadelhofen bis Erlenbach begonnen werden. Meilen, Uetikon, Männedorf
und Stäfa können mit gleicher Strategie später folgen. Was es hierfür aber schon heute braucht,
ist ein Masterplan, der diesen gestaffelten Ausbau mit dem kantonalen Richtplan und der Siedlungsentwicklung
koordiniert. Gerade an der Goldküste werden neue Häuser bevorzugt im Grünen
gebaut was heisst, dass die Pendler-Distanzen zu diesen Neubauten immer länger werden
und für deren Erschliessung überproportional viel Siedlungsfläche geopfert werden muss.
Der Traum vom Wohnen auf dem Land und Arbeiten in der Stadt zerstört sich selbst, wenn dafür
immer mehr, heute noch intakte Landschaft zersiedelt wird. Nur eine stärkere Verdichtung der
Siedlungskerne kann diesen Trend stoppen. Bilder unten: Bahnhof Erlenbach
Das Tieferlegen der S-Bahnlinie bringt mit dem Wegfall der Emissionen auch allen privaten Anrainern
Vorteile und schafft eine win-win-Situation.
Der Umstand dass die Gemeinden Ihre Verbindung zum See verbessern und ihre Verkehrsprobleme
verbessern, verhindert zudem das beginnende Einbrechen der Liegenschaftspreise.
Da die Stimmbevölkerung an der Wahrung ihrer persönlichen Privilegien interessiert ist, muss
betont werden, dass mit der Unterfahrung der Siedlungskerne die Lebens- und Standortqualität
zunehmen wird und die Seegemeinden ihrer schöne Lage am See wieder mit Leben, statt mit
Verkehr füllen können. Diese baulichen Massnahmen, welche die Lebensqualität in der Region
verbessern, müssen jedoch von der Region selber finanziert werden.
Die Finanzierung dieses Projektes muss sorgfältig geplant werden und die generierten Mehrwerte
müssen zur Querfinanzierung abgeschöpft werden.
Die Liegenschaften neben der Bahn, könnten attraktives Bauland kaufen, ihre Parzelle vergrössern
und dank der zusätzlichen Baumasse längerfristig das Siedlungsgebiet verdichten, ohne
dass es hierfür Anpassungen in den Bauordnungen bräuchte.
Für Bund und Kanton hat die Goldküste keine Priorität und um eine sinnvolle Regionalplanung zu
ermöglichen muss die Lokalpolitik vom Mehrwert dieser Idee überzeugt werden, damit sie in die
momentan laufende, Überarbeitung des Richtplanes einfliessen kann.
Ich möchte mit Nachdruck betonen, dass es sich beim vorgestellten S-Bahn Tunnel Stadelhofen
bis Erlenbach nicht um eine Utopie handelt, sondern um ein, in unmittelbarer Zukunft notwendiges
Projekt, mit welchem die Goldküste vom Verkehrsinfarkt bewahrt- und die ungebremste
Zersiedelung gestoppt werden kann.
Wir sind nicht die Ersten oder die Einzigen, welche dieses Anliegen in die Öffentlichkeit tragen.
Hannes Strebel kämpft seit Jahren für eine sinnvolle Siedlunsplanung in Uetikon am See und mit
meinem Schlussbild, lade ich Sie ein, die Homepage: www.seestadt.org zu besuchen.

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