Lärmkonflikte in der Stadt – warum es sie gibt und wie sie zu lösen sind

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Alexandra Heeb aus dem Sicherheitsdepartement der Stadt Zürich erklärte bei «Nextzürich am Tisch», was es mit dem Menschenlärm auf sich hat und wie eine Balance gefunden werden kann zwischen Nutzern im Öffentlichen und den darum Wohnenden.

Wer erinnert sich noch an den Facebook-Aufruf zum Botellón auf der Chinawiese im 2008? Das Schwierige für die Behörden war, dass kein Verhandlungspartner da war, der die Abmachungen an seine Leute weitertragen konnte – der Facebook-Event-Organisator war kein solcher, sondern bloss ein Aufrufer.

Von neuem spontan gebildete Gruppen im öffentlichen Raum können schlecht adressiert werden, wenn Auswirkungen auf Nachbarschaften ins Spiel kommen. Diese Schwierigkeit kennt Alexandra Heeb allzugut. Sie ist ausgebildete Mediatorin, arbeitet für das Sicherheitsdepartement und vermittelt, wenn die zuständigen städtischen Verwaltungsabteilungen bei einem Problemfall um Hilfebitten. Als letzte Ansprechsperson bekommt sie dann von Konflikten mit, wenn die bereits seit längerem schwelen und die Fronten verhärtet sind.

Dies war so bei den Lärmklagen beim MFO-Park in Oerlikon und dem Idaplatz. Während für Heeb der MFO-Konflikt mit einer temporären Schliessung des vertikalen Parks mit dem letzten aller Mittel gelöst wurde, sprach sie beim Idaplatz von einer erfolgreichen Beruhigung der Lage. «Eine neue Nutzungsbalance hat sich entwickelt.»

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Lärm stört – besonders der unerwartete

Beim MFO-Park und dem Idaplatz war der Lärm der Grund für die Beschwerden, mehr als das Littering. Einige wichtige Fakten aus der Erfahrung von Alexandra Heeb zum Lärm:

  • Lärm von Menschen ist im Gegensatz zu Verkehrslärm nicht messbar, und darum auch kein Grenzwert einklagbar
  • Lärm wird subjektiv immer anders empfunden. Und: Der Standort der Betroffenen ist entscheidend, da der Schall draussen kaum berechenbare Wege nimmt
  • Das Schlimme am Lärm ist, dass er für die davon Geplagten nicht vorhersehbar ist. «Ich fühle mich ausgeliefert» sei ein als sehr unangenehm empfundener Zustand.

Beim letzten Punkt setzt die Mediation auch an. Nachbarn sollen sich wieder selbstermächtigt fühlen. Sie können etwas bewegen, wenn sie etwas stört. Dass nicht nur der Anruf bei der Polizei dafür sorgt, zeigen die Tipps auf der Website gute-nachbarschaft.ch

Eine unkonventionelle Massnahme wurde bei der Beruhigung des Idaplatzes eingesetzt. Es gibt Menschen, die sich weniger trauen, direkt bei den Lärmverursachern um mehr Ruhe zu bitten. Für diese wurde ein Kurs organisiert, so dass diese Personen nun einfacher auf grölende Gruppen zugehen können. «Meistens mit Erfolg», meint Alexandra Heeb dazu, «aber wichtiger ist, dass diese Personen sich wieder selbstermächtigt fühlen. Sie können die Situation selber beeinflussen.»

Personen, die von Lärm betroffen sind, seien nicht per se intolerant. Es gehe um die Häufigkeit und darum, ob man sich darauf einstellen kann. Ein lärmiger Abend pro Woche ist einfach auszuhalten, ab 3 Abenden ist es fast nicht mehr ertragbar. Und wer weiss, wann während des Jahres am meisten Lärmklagen bei der Polizei eingehen? Es ist nicht während der Street Parade, sondern direkt das Wochenende drauf. «Die Leute können sich auf die Street Parade einstellen, zeigen sich tolerant, doch dieser Goodwill ist dann am nächsten Wochenende aufgebraucht, wenn sie unerwartet wieder von Lärm betroffen werden», erklärt Heeb.

Was können die Planer*innen tun?

In der Runde am Nextzürich-Event wollten die Planer*innen wissen, ob man schon vor der Projektierung von Gebäuden die späteren Konflikte vermeiden kann. Hier gäbe es aus dem «Alltagsmanagement» (Heeb) keine spezifischen Ableitungen. Es sei sicher nützlich, wenn es rund um einen öffentlichen Platz Bars in den Erdgeschossen gebe (wie auf dem Idaplatz), so könnten diese Betreiber miteinbezogen werden.

Publikum Nutzungskonflikte

Sollte es Schonzonen geben, Orte also, wo keine Party gefeiert werden kann? Ganz unbekannt ist diese Massnahme nicht. Alexandra Heeb verwies auf die Jugendparty-Bewilligungen, die für die genutzten Waldflächen danach eine Ruhezeit von 4 Wochen bis zur nächsten Party vorsehen. Sonst ist aber eine vollständige Schliessung von Zonen nicht durchsetzbar, und noch wichtiger, auch nicht erwünscht. Alexandra Heeb: «Der öffentliche Raum ist immer noch der Ort, wo am meisten Durchmischung möglich ist. Das ist für eine Gesellschaft wertvoll.»

Tipps an Veranstalter

Statt Schonzonen schlägt Heeb einfach umsetzbare Massnahmen vor:

  • Als Veranstalter oder Barbetreiber, stellen Sie sich gut mit der Nachbarschaft. Wenn es voraussichtlich laut wird, dann informieren Sie diese im Vorhinein. Genauso wie Sie es bei einem Hausfest auch bei Ihren Hausnachbarn machen würden.
  • Und wenn die Nachbarn beim Hinweis auf möglichen Lärm unfreundlich reagieren? «Häufig müssen die Anwohnenden zuerst Dampf ablassen. Danach sind sie aber meist bereit für ein Gespräch.»

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